Wir kaufen ein altes Schloss

Steffen Seibel
Do, 14.10.2021
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Polen, Debrzno-Wieś. Sie bezeichnen sich selbst als eine ganz normale Familie. Ein junges Paar mit zwei kleinen Kindern und begrenzten finanziellen Möglichkeiten. Ihr Vorhaben ist ambitioniert, aber nicht unmöglich: Innerhalb kurzer Zeit konnte die Familie viele Menschen mobilisieren, die Ihnen irgendwie dabei helfen wollen. Der erste Akt ist gelungen.

"Ratujemy Pałac", zu deutsch: "Wir retten ein Schloss!" So einfach lässt sich die Mission von Bartosz Cent beschreiben. Er war auf der Suche nach einem großen Haus in Polen, möglichst mit Platz für 3 Familien. Dass es am Ende ein altes und langjährig unbewohntes Schloss im Norden Großpolens sein würde, hätte er zwar nie gedacht, so abwegig war seine Entscheidung am Ende aber doch nicht.

Angebot an Denkmalimmobilien in Polen groß

Viele sanierungsbedürftige, zum Verkauf stehende Schlösser und Gutshäuser in Polen hat er im Internet gesichtet und war erstaunt, was man in der polnischen Landschaft so alles finden kann. Der Anblick so mancher Häuser machte ihn jedoch traurig. Während viele historische Häuser vorzüglich saniert sind, fristen vor allem in den ländlichen Regionen Polens zahlreiche ehemalige Feudalbauten ein tristes Dasein. "Dabei haben wir Polen doch den Ruf, ausgezeichnete Handwerker zu sein", resümiert der junge Mann seine Besichtigungen. Dennoch hat ihm sein Umfeld mehrmals versucht klarzumachen, dass der Kauf einer solchen Immobilie für Nicht-Millionäre an "Wahnsinn" grenzt. Aber er wollte ein Zeichen setzen und fühlte sich berufen, etwas gegen den Verfall von Polens Kulturdenkmälern zu tun.

Liebe auf den ersten Blick

Als seine Frau auf den Verkauf des Palastes im kleinen Dorf Debrzno aufmerksam wurde, war es Liebe auf den ersten Blick. Das Gebäude, die Größe, das Grundstück, das Umfeld und vor allem auch der Kaufpreis passte und schnell war klar: "Wir kaufen ein Schloss!". Für umgerechnet weniger als 80.000 EUR wird die Familie trotz aller Warnungen Eigentümer des ortsprägenden Herrenhauses und seines Parks.

Viele Helfer dank Facebook: Die Arbeit beginnt

Umgehend hat Bartosz Cent Helfer gesucht, eine Facebook-Seite erstellt und binnen weniger Wochen Tausende Menschen erreicht, die an seinem Vorhaben interessiert sind und die ihn bei der Sanierung des Schlosses unterstützen wollen. Damit hat er nicht gerechnet: Nach seiner Verkündung im Internet waren sie plötzlich da: Freiwillige und zum Großteil fremde Helfer aus ganz Polen, die sich für die ersten Arbeitseinsätze im Park zur Verfügung stellten. Selbst das Fernsehen war vor Ort, um das Geschehen zu dokumentieren. Bald schon ist das erste Treffen mit Architekten geplant. Dann soll zunächst eine restauratorische Untersuchung erfolgen, ein Sanierungsplan entstehen und finanzielle Zuschüsse beantragt werden.

Welche Pläne gibt es für das Schloss?

Wenn alles gut läuft, will er mit seiner Familie und den jeweiligen Schwiegereltern in drei Jahren hier einziehen. Aus dem Schloss wird ein Mehrgenerationenhaus, die Bewohner wollen die Türen jedoch auch für kulturelle Veranstaltungen öffnen: Ausstellungen, Konzerte sowie ein kleines privates Museum über die Geschichte des Schlosses sind bereits geplant.

Sanierung historischer Gebäude: Erfahrungen sammeln und teilen

Als bürgerlicher neuer Schlossbesitzer will Bartosz Cent anderen potentiellen Käufern Mut machen und zeigen, dass man nicht immer über unbegrenzt Kapital verfügen muss, wenn man alte Häuser retten und wieder bewohnbar machen möchte. Seine Fortschritte bei der Sanierung des Schlosses in Debrzno-Wieś möchte er hierbei dokumentieren und das gesammelte Wissen Interessierten zur Verfügung stellen. Auch wenn der Auftakt gelungen und die Anteilnahme überwältigend ist - der Familie ist durchaus bewusst: Ein langer Atem, viel Arbeit, Ausdauer und vor allem viele dauerhafte Helfer sind für Normalverdiener der unverzichtbare Baustein auf dem Weg von der Ruine zum Traumschloss.

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Das Schloss in Debrzno-Wieś (ehemaliger Name "Schloss Dobrin" in Preußisch Friedland) befindet sich in der Gemeinde Lipka in der polnischen Woiwodschaft Großpolen im Grenzgebiet zur Region Pommern. Es wurde Ende des 19. Jahrhunderts in neoklassizistischen Formen mit mächtigem Turmanbau errichtet und ist ein registriertes Denkmal in Polen.

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