Im Vergleich zu den Benelux-Ländern, dem Vereinigten Königreich und Italien sind in Deutschland bislang nur wenige Kirchen anzutreffen, die in Wohn- oder Gewerberäume umgewandelt wurden. Dabei nimmt auch hierzulande die Zahl funktionslos gewordener Gotteshäuser seit Jahren zu und vor allem in ländlichen Regionen bleibt die Frage des Erhalts und der Weiternutzung aktuell. Der Umbau von Sakralbauten zu Wohnräumen ist stets ein anspruchsvolles architektonisches Unterfangen und zugleich ein kreatives Abenteuer, das einige Herausforderungen mit sich bringt – von strengen Denkmalschutzauflagen bis hin zu den Anforderungen an moderne Wohnstandards oder aktuellen Themen wie energieeffiziente und klimafreundliche Heizmethoden. „Wohnkirchen“ sind daher seltene Exoten auf dem Immobilienmarkt und nicht für alle Bedürfnisse geeignet. Häufig sind es Künstler, Visionäre und Architekten, die sich in diese besonderen Räume wagen – Menschen mit Ausdauer, einem besonderen Gespür und der Bereitschaft, sich, ähnlich wie bei Schlössern und Herrenhäusern, auf alle Herausforderungen einzulassen.
In diesem Interview spricht Luca über die inspirierenden Motive hinter seiner Entscheidung, eine alte Kirche zu kaufen und zu renovieren. Seine persönliche Geschichte und die Hürden, die er gemeistert hat, geben faszinierende Einblicke in die Verwandlung eines einzigartigen Ortes.
Was hat Dich an diesem Gebäude inspiriert? Gab es einen bestimmten Moment oder eine Geschichte, die deine Entscheidung besonders beeinflusst hat?
Ich war auf der Suche nach einem Haus im historischen Zentrum von Ravenna, aber ich suchte nach etwas Einzigartigem mit einem besonderen Charakter. Wenn man die „normalen“ Portale in Italien durchblättert, wird man von einer Flut an emotionslosen Objekten und Präsentationen erschlagen. Da verging mir schnell die Lust, auf diesem Wege ein geeignetes Objekt zu finden.
Wir beauftragten schließlich eine Makleragentur, die gezielt etwas „Außergewöhnliches“ für uns suchen sollte. Zunächst hatten wir die Vorstellung von einem alten Lagerhaus oder einer Art Industriefläche. Nach etwa einem Jahr hatten wir uns zwar vieles, aber nichts Brauchbares angeschaut, als wir schließlich einen Anruf erhielten: „Luca, ich muss dir etwas zeigen.“ Wir waren zunächst skeptisch, ließen uns dann aber überreden und standen schließlich vor „Santa Barbara“. Als Kind bin ich hier unzählige Male vorbeigegangen; als mögliches Objekt hatte ich dieses Gebäude jedoch nie auf dem Schirm. Es war ein seltsamer, aber freudiger Moment – eine Art Vorfreude und diffuse Begeisterung, obwohl ich nur die Fassade und die Tür nun näher vor mir hatte.
Wir öffneten die große alte Tür und traten ein. Schon nach wenigen Schritten stellte ich mir vor, wie es wohl sein mag, wenn das Haus mir wirklich gehören würde. In diesem Moment hatte ich noch überhaupt keine Vorstellung von dem, was da auf mich zukommen würde. Noch bevor ich das gesamte Gebäude gesehen hatte, hatte ich emotional schon beschlossen, „das Ding“ haben zu wollen, obwohl ich den Kaufpreis noch gar nicht kannte.
Mit welchen besonderen Herausforderungen warst du bei der Renovierung konfrontiert? Gab es unerwartete Probleme?
Obwohl die Kirche auf das Jahr 1100 zurückgeht, befand sie sich baulich in einem recht guten Zustand, da sie bereits in den 1960er-Jahren umfassend saniert und danach als Architekturbüro genutzt wurde. Daher stand ich nicht vor der Aufgabe, eine intakte Kirche, sondern ein vormals gewerblich genutztes Objekt in ein Zuhause zu verwandeln, was jedoch nicht weniger herausfordernd war. Mir war es wichtig, die ursprüngliche Identität zu respektieren und zu wahren und dabei Harmonie zwischen Gestaltung und Wohnlichkeit zu schaffen.
Der erste kleine Schock ließ nicht lange auf sich warten: Nachdem ich die Schlüssel beim Notar erhalten hatte und an einem regnerischen Tag zum ersten Mal alleine die Kirche betrat, stellte ich fest, dass der Dachstuhl an einigen Stellen undicht war und Wasser eindrang, obwohl er komplett neu gemacht worden war – inklusive Unterkonstruktion, Wärmedämmung, Regenrinnen und Ziegeln. Alle Arbeiten entsprachen den historischen Vorgaben des Denkmalschutzes.
In Bezug auf die Vorgaben sollte man sich im Vorfeld wirklich alles Denkbare überlegen und zusammentragen. Ich hatte z. B. eine Satellitenantenne erworben und musste dann erfahren, dass sie am Gebäude nicht angebracht werden darf, da sie von dem benachbarten Platz, der zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt, sichtbar gewesen wäre und die denkmalpflegerischen Vorgaben Einschränkungen bei der Fassadengestaltung festlegen. Wir haben das Problem mit einer Parabel gelöst, da diese von außen nicht sichtbar ist.
Insgesamt kann ich ehrlich sagen, dass es sonst keine relevanten Überraschungen oder Momente gab, in denen ich mich gefragt hätte: „Was habe ich da nur gemacht?“
Kannst Du eine ungefähre Vorstellung der Renovierungskosten geben? Wie hast du das Budget festgelegt und welche Faktoren haben den Gesamtpreis beeinflusst?
Ich muss ehrlicherweise zugeben, dass ich hierüber keine akkuraten Aufzeichnungen geführt habe. Zudem sollte erwähnt werden, dass wir das Gebäude bereits vor zehn Jahren saniert haben. Wir bewegen uns irgendwo in einem Bereich zwischen 200.000 und 300.000 Euro, eine Summe, die heute – wahrscheinlich nicht nur in Italien – kein Maßstab mehr für vergleichbare Sanierungen darstellt. Fast zwei Jahre lang haben wir das Gebäude saniert.
Ich hatte kein fixes Budget festgelegt. Den größten Teil der Arbeiten und Kosten machten das neue Dach sowie eine maßgefertigte Küche, neue Leitungen und Elektrik, der Bau zweier Badezimmer, neue Böden, die Abdichtung des Innenhofs im ersten Stock sowie die Installation eines Sky-Ground-Bereichs und einer Sonnenterrasse aus. Abschließend wurde noch eine Videüberwachung installiert.
Wie wird die Kirche geheizt und warum hast du dich für diese Methode entschieden, gerade im Hinblick auf die aktuellen Vorschriften zur Energieeffizienz?
Die Gasheizung mit Radiatoren wurde vor 10 Jahren vollständig erneuert und ist in ausgezeichnetem Zustand. Es gibt drei Klimaanlagen, wobei die neueste auch als Luftentfeuchter und Wärmepumpe fungiert. Die anderen beiden sollten jedoch überprüft werden. Die Wände sind zwischen 80 und 120 cm dick und fast alle Fenster sind doppelt verglast. Aufgrund der Holzböden und der Tatsache, dass es hier keine riesigen offenen Räume gibt, ist das Heizen grundsätzlich problemlos und unkompliziert.
Gab es bestimmte architektonische Elemente oder historische Details, die Du bei der Renovierung berücksichtigen oder erhalten wolltest?
Hier ging es vor allem um Teile und Bereiche, die über die Jahre an Wert verloren hatten. Zu den wichtigsten gehörte der „Denkerraum“, in dem sich der Eingangsbogen befand, der zuvor von der Dachkonstruktion und einer Wand verdeckt war. Wir haben das Dach durchtrennt, das Glas ausgetauscht und wieder Licht in den Bogen gebracht. Ein weiteres Ziel war es, einige Bereiche des Hauses, die mit Putz überdeckt waren, wieder freizulegen und die ursprünglichen Steine sichtbar zu machen, darunter zwei Wände im Wohnzimmer, im Schlafzimmer, die 2x1 m große Duschkabine sowie Elemente entlang der Treppe und auf den Balkonen.
Wenn ich diese Geschichte erzähle, denken die Leute oft, ich sei verrückt. Mein Vater, der „Mann mit den goldenen Händen“ und ich haben schnell erkannt, dass ein Sandstrahler die Steine ruinieren würde, da ihre äußere Schicht durch viele Jahre Kontakt mit dem Kalk beschädigt war und sie dadurch „weicher“ geworden waren. Der Sandstrahler hätte sie unweigerlich zerstört. Deshalb haben wir uns entschieden, sie alle von Hand vom Putz zu befreien, die Fugen mit Kalk herauszuholen, um sie wieder in den Vordergrund zu rücken und einen schöneren Effekt zu erzielen. Wir haben jede Fuge „mit dem Finger“ nachgegroutet, um die Reliefstruktur zu erhalten und jede Fuge mit einer Mischung aus weißem Zement und Granisello versehen. Danach haben wir jeden Stein 15 Mal mit einer Bürste mit Salpetersäure behandelt, um sie perfekt vom Kalk zu reinigen, gefolgt von zwei Schichten Staubschutz.
Insgesamt waren das einige Monate Arbeit, aber heute verleihen diese Wände dem Haus einen besonderen Charakter. Wenn man sie betrachtet, hat man das Gefühl, auf ein Gemälde zu schauen. Sie erzählen von den Menschen, die hier vor über tausend Jahren waren, von ihren Geschichten – das ist einfach unglaublich.
Wie hat die lokale Denkmalbehörde den Umbauprozess begleitet? Gab es bürokratische Hürden zu überwinden?
Mein Architekt begleitete die Arbeiten und koordinierte die erforderlichen Eingriffe mit den Genehmigungen und Auflagen des Katasteramtes sowie den Vorgaben des Denkmalschutzes. Es kommt hier sicher auch auf den Architekten an. In unserem Fall verlief die Zusammenarbeit beispiellos und war bis auf zuvor genannte Kleinigkeiten äußerst unproblematisch.
Welche steuerlichen Aspekte sind bei der Renovierung historischer Gebäude wichtig? Hast du Tipps für Käufer, die ähnliche Projekte planen?
Zu dem Zeitpunkt der Arbeiten vor etwa 10 Jahren gab es in Italien nicht wirklich steuerliche Anreize. Heute gibt es potenziell mehr Möglichkeiten, die aber oft auch mit strikten Vorgaben verbunden sind. Da muss sich jeder Käufer im Vorfeld damit beschäftigen und individuell informieren und beraten lassen.
Mein Rat, der mir persönlich auch den richtigen Weg gezeigt hat: Man sollte sich in erster Linie von seiner Leidenschaft leiten lassen und ansonsten braucht man einfach das richtige Umfeld an Freunden, Technikern und sonstigen Fachleuten. Kurz: Fähige Leute, denen man Vertrauen kann.
Welche Unterhaltungskosten, wie Versicherungen und Steuern, fallen für deine Immobilie an? Gibt es Besonderheiten bei denkmalgeschützten Gebäuden?
Die Grundsteuer für einen Zweitwohnsitz beträgt 2.592 Euro.
Die Müllgebühr setzt sich aus einer festen Gebühr basierend auf der Quadratmeterzahl zusammen und hängt davon ab, ob es sich um ein einzelnes Haus handelt und wie viele Bewohner dort leben. Hier liegen wir in einem Bereich von einigen Hundert Euro pro Jahr. Hinzu kommt eine umfassende Gebäudeversicherung für 390 EUR jährlich.
Steuerliche Besonderheiten gibt es hier nicht. Eine kleine Besonderheit der Stadt ist, dass in Ravenna alle historischen Gebäude durch eine zusätzliche Plakette mit dem Namen der Immobilie sowie einen QR-Code installiert wurden, der die Geschichte des jeweiligen Gebäudes erzählt.
Was zeichnet das Leben in der UNESCO-Stadt Ravenna aus?
Ravenna ist eine lebendige Stadt. Unsere Kirche steht im historischen Zentrum. Ravenna war einst die Hauptstadt des Römischen Reiches und ist heute geprägt von zahlreichen Denkmälern und Museen.
Und diese historische Aura und Vergangenheit liegt direkt vor der Tür und ist immer wieder aufs Neue spürbar, wenn man das Haus verlässt.
Nur 200 Meter von Dantes Grab entfernt lebt man hier inmitten einer reichen Kultur. Ravenna ist zudem die Heimat der weltweit bekannten Mosaike und der Musikszene, in der der Dirigent Mutti eine zentrale Rolle spielt.
Nicht zu vernachlässigen sind der Strand und der angrenzende Pinienwald, die in 15 Minuten fußläufig zu erreichen sind. Und in Italien – insbesondere nicht in der Romagna – kommt bekanntermaßen auch die Kulinarik nie zu kurz. Gutes Essen, erlesene Getränke und die typisch italienische Gastfreundschaft muss man wohl nicht mehr separat erwähnen.
Insgesamt gibt es viel zu entdecken. Ravenna ist eine Stadt, in der man sehr viel zu Fuß unterwegs sein kann und auch immer wieder verborgene Ecken entdecken kann. Ansonsten ist es eine wunderbare Stadt zum Arbeiten und Ausbreiten – egal ob man im Restaurant oder in einer Bar sitzt – Ravenna ist immer für eine Überraschung gut.
Wer ist Deiner Meinung nach der ideale Käufer für eine solch besondere Immobilie?
Das ist eine spannende Frage! Ich glaube, der ideale Käufer für eine solch einzigartige Immobilie könnte zwei Arten von Menschen umfassen. Der erste ist jemand, der eine tiefe Wertschätzung für Geschichte und Kultur hat. Diese Person wird von der Einzigartigkeit des Anwesens angezogen und empfindet eine besondere Verbindung zu außergewöhnlichen Orten. Der zweite Typ ist ein weitsichtiger Investor, der versteht, dass besondere Immobilien ihren Wert nie verlieren und mit der Zeit sogar an Wert gewinnen können. Beide Gruppen bringen eine Leidenschaft und eine Perspektive mit, die diese Immobilie verdient.